Diese Kurzgeschichte habe ich vor 3 oder 4 Jahren geschrieben. Bin gerade dabei, in der Firma Updates auf Computer zu setzen, das geht immer nur in der Nacht, und während die Installationen so vor sich hin rödeln, fiel sie mir plötzlich wieder ein.
Gestern musste ich wieder in den Lidl, zum Wochenend-Einkauf, wie immer. Der liegt am Ortsrand, neben Aldi und ähnlichen Einrichtungen. Öde, jede Woche immer das gleiche! Wie wohl fast jeder Mann, hasse ich eigentlich das Einkaufen in jeglicher Form, aber ich bin eben der Autofahrer in der Familie. Man kann dort jedoch vieles beobachten. Meistens unschöne, selten auch schöne Sachen.
Eine Mutti mit Knirps (so, wie ich früher war...)
Knirps: "Mutti, guck mal, DER WEIHNACHTSMANN WAR HIER!" (streckt seinen kleinen Arm begeistert nach einem Schoko-Weihnachtsmann im Regal)
Mutti: "Lass das liegen!!!"
Knirps: "Aber - DER WEIHNACHTSMANN!!! Guck doch mal!!!"
(schnieft, schickt sehnsuchtsvolle Blicke nach oben)
Mutti: "Es ist doch noch VIEL zu früh. Es ist doch erst HERBST! Das weißt Du doch?? Der Weihnachtsmann kommt erst am 24. Dezember!"
Knirps: (schaut traurig vor sich hin - denkt tief nach)
"Warum war ER aber schon hier??"
Mutti: "Weil es nicht der RICHTIGE Weihnachtsmann war, der diese Sachen hier hingelegt hat. Das sind eben die Verkäufer, die Geld dafür haben wollen und es nicht schnell genug bekommen können. Du weißt doch, wie wir beide sparen müssen. Das hier ist NICHT vom Weihnachtsmann!" Sie geht weiter, betrachtet die Preisschilder, bleibt stehen und rechnet. Sie zögert, dann legt sie drei Päckchen Spaghetti in den Wagen. Ich denke: sie rechnet, so angestrengt. Sie holt ihr Portemonnaie hervor, öffnet es, zählt, steckt es wieder zurück in ihre Tasche, geht langsam weiter. Ich rechne zum Glück nie, sondern fahre einfach so zur Kasse, mit vollem Wagen. Froh, dass ich alles gefunden habe, was auf meiner Familien-Einkaufsliste steht, ohne mir Sorgen über den Betrag an der Kasse machen zu müssen.
Knirps: --- (zweifelt, mit trauriger Mine. Setzt den Schoko-Weihnachtsmann zögernd zurück ins Regal. Folgt seiner Mutti dann brav zu den Tiefkühltruhen, wo es heute billiges Hackfleisch gibt. Folgsames, aber trauriges Gesicht.) Ich schaue gespannt dorthin. Sie legt es mit ernstem Gesicht zurück, streicht ihrem Knirps über den Kopf und zieht ihn weiter.
Jemand, der sich auch stets über die viel zu frühen Weihnachtangebote ärgert, und nicht versteht, weshalb das so ist, greift heimlich ins lieblose Lidl-Regal und legt erstmals in seinem Leben einen dieser bedenklich-hässlichen, billigen Lidl-Schoko-Weihnachtsmänner in seinen Einkaufswagen. Man könnte den langweiligen, öden Lidl-Besuch auch mal anders gestalten.
Auf dem Parkplatz vor dem Lidl, neben dem Auto, kommen ihm Knirps und Mutti entgegen. Der Lidl-Weihnachtsmann wechselt nach einem Lachen und einem Blick den Besitzer. Große, dankbare, unendlich strahlende Knirps-Augen. Die Mutter ist verlegen, ich auch. Keine Worte, es gehört sich ja nicht.